Steinernes Festbuch (Bilderbuch, Album) Großjena

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Die 12 Steinreliefs an den Hängen eines Weinbergs, kurz vor der Unstrutmündung in die Saale, stellen die größten Bildreliefs im europäischen Kulturraum dar, die in anstehendes Felsgestein eingearbeitet wurden.

Weinberg

Der Juwelier Johann Christian Steinauer zog im Jahr 1706 nach Naumburg und erwarb am 23. März des Jahres das Bürgerrecht. Nach dem Kauf des Hauses in der Großen Salzstraße (Nr. 11/12) 1709 verhalf ihm der Handel in der Stadt zu weiterem Wohlstand. Zu seinen Kunden zählten während der Peter-Pauls-Messe zahlreiche Fürsten und Adlige. Aufgrund der Geschäfte mit dem Herzog Christian II. von Sachsen-Weißenfels erhielt er das Recht sich Hofjuwelier zu nennen. Durch sein vorhandenes Vermögen kam er auf die Idee sich einen Weinberg zu zulegen (etwa 1720).

Um auch in Zukunft weitere Aufträge vom eigentlich hoch verschuldeten hochfürstlichen Haus zu erhalten, kam Steinauer auf die Idee, zum zehnjährigen Thronjubiläum am 17. März 1722, ein Relief aus den Felsen seines Weinberges heraus arbeiten zulassen. Viele der 12 Reliefs tragen zu diesem Zweck das Datum des 17. März 1722, obwohl einige von ihnen erst im Laufe der nächsten Jahre entstanden sind. Da die Motive der Reliefs 2 und 3 nicht zu den zehn übrigen passen und Wappen tragen, ist anzunehmen, daß sie zuerst entstanden sind.
Die Idee zu den Reliefs kommt vermutlich von einem im Kroppental in den Sandstein gehauenen zwei Meter hohen geflügelten Engel. Zur Finanzierung des Vorhabens schuf Steinauer eine Reliefstiftung, an der sich viele Freunde beteiligten, um so, um die Gunst des Herzogs zu werben. Zu ihnen zählten unter anderen Handelsherren aus Augsburg, Berlin und der Naumburger Pastor Fleuter.



Relief 1

Relief 1 - Quellwunder Moses

Zu sehen ist Moses wie er aus einem Zeltlager (links) kommt und mit einem Stab auf einen Felsen schlägt. Aus diesem fließt dadurch Wasser aus einer Quelle, welches von einem mit kurzen Hosen bekleideten knienden Jungen aus einem Gefäß getrunken wird. Daran schließt sich ein älterer Mann mit Spitzbart und einem Wasserbehälter in der Hand an. Den Abschluß bildet der sitzende Aron im Gewand eines Priesters und zwei Baumstümpfe.

Relief 2 – Fuchsjagd

Relief 2 Relief 2

Relief zwei zeigt eine Jagdszene zur damaligen Zeit und ist vermutlich dem Herzog Christian II. von Sachsen-Weißenfels gewidmet, welcher in diesem Gebiet der Jagd nachging.
Zu sehen ist ein Jäger-ob es sich dabei um den Herzog handelt ist unbekannt- der mit einem Ast einen Fuchs auf einem Baum berührt, welcher zuvor von einem der Hunde geflüchtet ist. Ein weiterer Hund jagt einen zweiten Fuchs. Im rechten Teil des Felsenreliefs räuchert ein weiterer Jäger einen dritten Fuchs unter einer Baumwurzel aus. Ein vierter hängt bereits an einem Baum.

Relief 3 – Herzog Christian

Auf dem dritten Bild ist der Herzog Christian II. von Sachsen-Weißenfels selbst zu sehen, wobei das Bild eine Kopie des Freyburger Denkmales darstellt.

Relief 3                             Relief 4

Relief 4 – Puttentanz mit dem Harfenspieler David

Zahlreiche Kinder bilden auf dem vierten Relief einen tanzenden Kreis um den Harfe spielenden König David. Links im Bild schlägt ein Kind einen Purzelbaum, während ein weiteres daneben liegt. Im rechten Teil strampelt ein Kind auf dem Rücken liegend mit den Beinen in der Luft.

Relief 5

Relief 5 – Hochzeit zu Kana

An einer mit drei Schüsseln gedeckten Hochzeitstafel sitzen insgesamt 15 Personen-7 Paare und Jesus mit Strahlenkrone (linke Schmalseite des Tisches). Links neben Jesus befindet sich Maria, welche auf ihn zeigt. Rechts vom ihm sitzt der Bräutigam und dessen Ehefrau (erkennbar am Schleier). Ganz links steht der Wein verkostende Speisenmeister. Im rechten Teil des Bildes kommt eine Frau aus einem Zelt und bringt in einer Schüssel das Hochzeitsgericht an die Tafel. Im Vordergrund stehen sechs steinerne Wasserkrüge, wobei der linke von einem Jünger gefüllt wird. Rechts von den Wasserkrügen steht noch ein angebundener Hund.
Das Felsenrelief enthält (enthielt) noch eine Inschrift:

"Gott macht immer aus Wasser Wein
Gesegnet ist die Frucht
Verdammt soll der Mischer sein
der nicht Erquickung sucht."


Relief 6

Relief 6 – Lots Berauschung und brennendes Sodom

Lots sitzt von Wein leicht berauscht auf einer Bank und hält seiner älteren Tochter den Becher hin, damit sie diesen aus einer Kanne wieder auffüllt, wobei sie mit ihrer linken Hand vornehm die Schleppe ihres Gewandes festhält. Die zweite Tochter tritt mit erhobenen Becher und entblößten Beinen auf ihren Vater zu.
Im linken Hintergrund sieht man das brennende Sodom mit Mauertürmen und Zinnen. Ferner ist Lots Ehefrau, die zur Strafe für ihr Ungehorsam zur Salzsäule wurde, abgebildet (als Salzsäule).
Das Relief trägt noch eine Widmung: "Dieses hat zum Andenken gestiftet Herr Christian Andreas Steinauer, Handelsmann in Berlin 1722 d. 17. Martii."

Relief 7

Relief 7 – Die Verkündung der Hirten

Um eine Schriftplatte sind Engel und Hirten angeordnet, die Harfe, Pauke, Flöte und Tuba spielen. Ferner kann man einen Dudelsack spielenden Schäfer erkennen.
Das Relief enthält noch folgenden Schriftzug: "Johann Christian Steinauer in Naumburg Anno 1722, d. 17 Martii"

Auf der Schriftplatte ist folgende Inschrift erkennbar.

"Ehre sei Gott in der Höhe
und Frieden auf Erden
und den Menschen ein
Wohlgefallen."


Relief 8

Relief 8 – Christus in der Kelter

Jesus Christus steht mit einem Kreuz in der rechten Hand in einem Weinkelter. Im linken Teil des Felsenreliefs bringen in großen Butten sechs Frauen Weintrauben herbei, wobei die Rechte nur mit einem Lendenschurz aus Weinlaub bedeckt ist und gerade ihr Behältnis leert. Rechts neben Christus steht ebenfalls eine nackte weibliche Person, gefolgt von einem Mann mit Mütze, Dolch und Stab. Daran schließt sich ein Paar und zwei Kinder mit Trauben in den Händen an. Die Erwachsenen tragen alle ebenfalls Butten.
Über den Personen befindet sich eine Inschrift:

"Ich tret die Kelter ganz allein, und ist niemand mit mir. Alleine mußt es Jesus sein, so dankt ihm auch dafür."

Ferner gibt es noch folgende Inschrift: "Dieses haben Tit: Magnifizenz der Herr Oberhofprediger, Kirchen- und Konsist.-Rat auch Generalsuperintendent... Joh. Basil. Fleuter zu Weißenfels den pt. Besitzer J. Steinauer zum Andenken einhauen lassen. Anno 1722 d. 17. März."

Relief 9 – Die Arbeiter im Weinberg

Der Vater sitzt vor seinem Haus, auf dessen Schornstein sich ein Storch befindet, auf einem Lehnstuhl. In der rechten Hand hält er einen Beutel und sein linker Arm deutet auf etwas. Vor ihm steht der Schaffner, welcher einen Groschen hoch hält und den Lohn austeilt. Diesen erwarten drei stehende Arbeiter, wobei einer die Hand ausstreckt, der zweite einen Hut hinhält. Ein vierter Arbeiter sitzt auf den Stufen zu einem Weinberg. Mit der Linken hält er einen auf einer Stufe abgestellten Stock und mit der Rechten wischt er sich durch das Gesicht.

Relief 9                             Relief 10

Relief 10 – Noah als erster Weinbauer

Dargestellt ist ein bärtiger Mann mit Weste und langen Rock. In der linken Hand trägt er ein Winzermesser und in der anderen einen traubenbehangenen Weinstock. Mit seinen Füßen steht er auf zwei Kugeln, diese wiederum auf einer Art Sockel. Ferner hat der dargestellte Mann ein Doppelgesicht.
Es stellt die Unberechenbarkeit der Weinbergserfolge dar - trotz großer Mühen bei der Arbeit bleibt der Erfolg häufig aus.

Relief 11 – Josua(h) und Kaleb

Die beiden Männer Josua(h) und Kaleb kommen mit einer schweren Weintraube, welche an einem Tragstock befestigt ist, in ihre Heimat zurück. Sie tragen Mäntel, Kniehosen und Wanderstöcke in den Händen.
Die Widmung weist einen Augsburger Freund als Stifter des Bildes aus und ist ebenfalls mit dem 22. März 1722 datiert.

Relief 11                             Relief 12

Relief 12 – Moses an der Grenze des gelobten Landes

Moses kniet mit einen Gegenstand in der Hand vor Gott. Dieser zeigt mit einem Stab nach den Bergen, hinter denen das gelobte Land liegt. Davor befindet sich ein kleiner Bach. Aus dem Zelt im rechten Hintergrund ragt die eherne Schlange empor, und weißt den Weg zum ewigen Leben.



Der Verfall des Steinernen Festbuches

Die Jahrhunderte haben den Reliefs aus Buntsandstein sehr zugesetzt. Die Zersetzung der Bilder aufgrund sauren Regens und Salzauskristallisationen, welche zum Absprengen der verschiedenen Schichten führt, ist sehr weit fortgeschritten.
Mit finanzieller Hilfe des Landrates des Burgenlandkreises, dem Kulturverein Gotisches Haus Burg-Hessler e.V. begannen 1995 die ersten Sondierungsmaßnahmen, um den weiteren Verfall des Kulturdenkmales zu verhindern. In den folgenden Jahren (1995 – 2000) wurden dazu rund 3.000 Liter Steinfestiger (Kieselsäureesther; 30 Liter rund 400 Euro) über Bohrungen in den Felsen eingebracht. Anschließend erfolgten zur Sicherung gefährdeter Teile noch Mörtelarbeiten mit speziellen Salzspeichermörteln.
Durch diese Maßnahmen konnte der weitere Verfall des Steinernen Festbuches aufgehalten werden. Zur Finanzierung der weiteren Pflege, wurde mit der Unterstützung der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und zwei weiteren Stiftern zwei Stiftungen gegründet, welche die Erhaltung der Felsenreliefs zum Ziel haben (Müller Stiftung Berlin; Gerd Erbslöh Stiftung Steinernes Festbuch).

Leitender Restaurator: Diplom Bildhauer Peter Fiedler, Markt 1, 01468 Moritzburg

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Finanzierung Pflegearbeiten: